Heinrich Bünting
Heinrich Bünting, auch: Buntingus, Bunting, Pendingius (* 1545 in Hannover; † 30. Dezember 1606 in Hannover) war evangelischer Theologe, Geograph und Chronist. Seine geographische Beschreibung der biblischen Stätten Palästinas (Itinerarium Sacrae Scripturae) mit phantasievollen emblematischen Illustrationen machte ihn bekannt.
Leben
Er wurde Sohn des Goldschmieds und Silberhändlers Johann Bünting bzw. Hans Buntinck und seiner Frau Helena, Tochter des Landesrentmeisters Heinrich Lorleberg. Heinrich Bünting wuchs in seiner Heimatstadt auf, besuchte zuerst die dortige Lateinschule und erhielt daraufhin Unterricht am Martino-Katharineum unter Andreas Pouchenius in Braunschweig. Er studierte ab September 1568 an der Universität Wittenberg Theologie, Philosophie und Mathematik und erhielt dort 1569 den Magistergrad.
Von der Herzogin Sidonie von Braunschweig-Lüneburg wurde er zum Schlossprediger in Calenberg berufen und deshalb im März 1571 von seinem akademischen Lehrer Friedrich Widebrand in Wittenberg zum Prediger ordiniert. Nachdem die Haushaltung der Herzogin aufgelöst worden war, wurde Bünting 1572 Pfarrer in Gronau an der Leine und 1591 Superintendent in Goslar. 1599 wurde er dort wegen des Vorwurfs irriger Lehren abgesetzt, da er sich im Anschluss an Jakob Andreae in der Ubiquitätslehre pointiert in den Streit zwischen den verschiedenen lutherischen und reformierten Lehrmeinungen eingebracht hatte.
Seine letzten Jahre verbrachte er als Privatmann in Hannover bei seinem Bruder Conrad, der als Doktor der Rechte seit 1573 Stadtsyndikus und Berater in Münzangelegenheiten war, wo er seinen Unterhalt offenbar mit Bierbrauen[1] bestritt. Bünting wurde im Chor der Marktkirche seiner Heimatstadt beigesetzt.
Im Jahr 1571 versuchte Heinrich Bünting, zwei zum Tode verurteilte jüdische Raubmörder zum Christentum zu bekehren, was ihm in einem Fall auch gelang. Gemeinsam mit seinem Amtskollegen Johannes Uden wohnte er der geschärften Hinrichtung am 28. Juni 1571 auf dem Calenberg vor Hannover bei.[2]
Itinerarium Sacrae Scripturae
Sein bedeutendstes Werk, „Itinerarium Sacrae Scripturae“, ein reich illustrierter Bericht über die heiligen Stätten Palästinas, wurde vielfach aufgelegt sowie in verschiedene Sprachen übersetzt. Mindestens 61 Ausgaben sind bekannt,[3] darunter allein in englischer Sprache sechs zwischen 1619 und 1682.[4] Der „Lehnstuhlreiseführer“ entstand wahrscheinlich ohne dass Bünting jemals selbst das Heilige Land bereist hätte, durch die Lektüre früherer Karten und Reiseberichte, etwa von Burchardus de Monte Sion und Bernhard von Breidenbach,[5] und gilt als die vollständigste Sammlung des damaligen Wissens über die biblische Geographie.[1] Bünting zeichnete die Reisewege biblischer Figuren von Adam über Abraham und Moses bis zu Christus und den Aposteln getreu den Angaben der Heiligen Schrift nach und organisierte diese Informationen nach den Orten Palästinas, die jeweils ein eigenes Kapitel erhielten.[4]
Besondere Aufmerksamkeit erreichten die darin enthaltenen emblematischen Karten, die Europa als Jungfrau, Asien als Pegasus und die Welt als Kleeblatt darstellen. Das Kleeblatt ist eine Reverenz an das Wappen der Stadt Hannover; so lautet die Überschrift des Stichs: „Die gantze Welt in ein Kleberblat / Welches ist der Stadt Hannover / meines lieben Vaterlandes Wapen.“ Diese Darstellung wurde im Rahmen der Weltausstellung Expo 2000 in einer Ausstellung in Hannover gewürdigt.[6] Das Bild Europas als Jungfrau geht wohl auf eine Karte des Tiroler Kartographen Johannes Putsch von 1537 zurück. Nachdem sie Heinrich Bünting in die Ausgabe des Itinerariums von 1587 integriert hatte, übernahm sie Sebastian Münster in seiner Cosmographia von 1588; auch im Unabhängigkeitskampf der Niederlande wurde dieses Motiv für propagandistische Flugschriften verwendet.[7]
Ausgaben
- Itinerarium sacrae scripturae. Das ist ein Reisebuch über die ganze heilige Schrift in zwey Bücher geteilt. Wittenberg 1581
Weitere Werke
- De monetis et mensuris Sacræ Scripturæ. Das ist ein eigentliche Ausrechnung vnd Beschreibung aller Müntz vnd Masse in heiliger Schrifft. Magdeburg 1583 (Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek).
- Braunschweigische und Lüneburgische Chronica. 4 Bände. Ambrosius Kirchner, Magdeburg 1584–1585, Band 1, Band 2, Band 3, Band 4 (Digitalisate der Bayerischen Staatsbibliothek).
Literatur
Zur Biographie
- Carl Ludwig Grotefend: Bünting, Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 552.
- Hans Klinge: Bünting, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 741 (Digitalisat).
- Heinrich Wilhelm Rotermund: Bünting (Heinrich). In: Das gelehrte Hannover oder Lexikon von Schriftstellern und Schriftstellerinnen, gelehrten Geschäftsmännern und Künstlern[,] die seit der Reformation in und außerhalb den sämtlichen zum Königreich Hannover gehörigen Provinzen gelebt haben und noch leben, aus den glaubwürdigsten Schriftstellern zusammen getragen. 2 Bände. Bremen 1823, Band 1, S. 297 f.; Textarchiv – Internet Archive
- Johann Georg Leuckfeld: Kurtze Historische Nachricht von dem Leben des bekannten Theologi und Historici, M. Heinrich Büntings/ Erstgewesenen Evangelischen Predigers zu Grunou/ Und Nachmahligen Superintendentens in Goßlar/ Wie auch Dessen edirten Schrifften/ Insonderheit aber Von seinem Itinerario Sacrae Scripturae. In: Heinrich Bünting: Itinerarium […]. Ausgabe Magdeburg 1718 (Digitalisat) (darin abgedruckt mehrere lateinische Briefe Büntings an Polycarp Lyser und eine ausführliche Beschreibung der theologischen Auseinandersetzung in Goslar).
- Edward Schröder: Heinrich Bünting, der Verfasser des Anhangs zum Bergschen Münzbuch. In: Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen, 1910, S. 430–444.
- Karljosef Kreter: Städtische Geschichtskultur und Historiographie. Das Bild der Stadt Hannover im Spiegel ihrer Geschichtsdarstellungen von den Anfängen bis zum Verlust der städtischen Autonomie. Dissertation, Universität Hannover 1996, Kapitel: „Heinrich Bünting, 1545–1606“, S. 174–209; tib.uni-hannover.de (PDF; 2,7 MB) 2001
- Christina Wötzel: Bünting (Bunting[us], Pendingus), Heinrich. In: Horst-Rüdiger Jarck, Dieter Lent u. a. (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon – 8. bis 18. Jahrhundert. Appelhans Verlag, Braunschweig 2006, ISBN 3-937664-46-7, S. 119.
Zum Itinerarium
- Karljosef Kreter: Heinrich Büntings Weltkarte 1584. „Die gantze Welt in ein’ Kleeberblat“. Hannover 2000.
- Henk A. M. van der Heijden: Heinrich Büntings Itinerarium Sacrae Scripturae, 1581. Ein Kapitel der biblischen Geographie. In: Cartographica Helvetica, Heft 23, 2001, S. 5–14, doi:10.5169/seals-12583.
- Torbjörn Sundquist: Heinrich Bünting and his „Itinerarium“ in Scandinavia. In: Christian Dekesel, Thomas Stäcker (Hrsg.): Europäische numismatische Literatur im 17. Jahrhundert. Wiesbaden 2005, S. 115–123.
Weiteres
- Thomas Vogtherr: Heinrich Bünting (1545–1606) und die Gregorianische Kalenderreform. In: Arnd Reitemeier, Uwe Ohainski (Hrsg.): Aus dem Süden des Nordens. Studien zur niedersächsischen Landesgeschichte für Peter Aufgebauer zum 65. Geburtstag (= Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen, Band 58). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2013, ISBN 978-3-89534-988-1, S. 637–650.
- Franz Rudolf Zankl: Ansicht Hannovers von Westen. Holzschnitt aus Heinrich Büntings Chronik. 1586. In: ders. (Hrsg.): Hannover Archiv, Blatt S 121.
Weblinks
- Beschreibung des Heiligen Landes. Karte aus dem Itinerarium. In: World Digital Library, 7. März 2012 (Digitalisat der Israelischen Nationalbibliothek)
- Autorenseite in der Post Reformation Digital Library
- Sabine Wehking: DI 36, Stadt Hannover, Nr. 245†. In: Inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di036g006k0024509 (Beschreibung der ehemaligen Grabplatte Büntings mit einer Kurzvita und Quellenangaben)
Einzelnachweise
- ↑ a b Henk A.M. van der Heijden: Heinrich Büntings Itinerarium Sacrae Scripturae, 1581. Ein Kapitel der biblischen Geographie. In: Cartographica Helvetica. Heft 23, 2001, S. 5–14, doi:10.5169/seals-12583 (hier S. 7).
- ↑ Ausführlich: Matthias Blazek: „Nach ‚Bekehrung‘ wartet der Tod“. Sachsenspiegel, Cellesche Zeitung vom 27. März 2021.
- ↑ Henk A.M. van der Heijden: Heinrich Büntings Itinerarium Sacrae Scripturae, 1581. Ein Kapitel der biblischen Geographie. In: Cartographica Helvetica. Heft 23, 2001, S. 5–14, doi:10.5169/seals-12583 (hier S. 6 und für eine tabellarische Übersicht der Druckorte S. 13).
- ↑ a b Nicholas Popper: Walter Ralegh’s,History of the World‘ and the Historical Culture of the Late Renaissance. University of Chicago Press, Chicago 2012, S. 140.
- ↑ Zur Shalev: Sacred Words and Worlds. Geography, Religion, and Scholarship, 1550–1700. Brill, Leiden 2012, S. 102.
- ↑ Siehe den Ausstellungskatalog von Karljosef Kreter: Heinrich Büntings Weltkarte 1584. „Die gantze Welt in ein’ Kleeberblat“. Hannover 2000.
- ↑ Henk A.M. van der Heijden: Heinrich Büntings Itinerarium Sacrae Scripturae, 1581. Ein Kapitel der biblischen Geographie. In: Cartographica Helvetica. Heft 23, 2001, S. 5–14, doi:10.5169/seals-12583 (hier S. 10).
Personendaten | |
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NAME | Bünting, Heinrich |
ALTERNATIVNAMEN | Buntingus, Heinrich; Bunting, Heinrich; Pendingius, Heinrich |
KURZBESCHREIBUNG | evangelischer Theologe und Chronist |
GEBURTSDATUM | 1545 |
GEBURTSORT | Hannover |
STERBEDATUM | 30. Dezember 1606 |
STERBEORT | Hannover |