Brechungsindex

Von einem Punkt ausgehende Wellenfronten. Im unteren Medium breiten sich die Wellenfronten langsamer aus. Das ändert den Normalen­vektor der Wellenfront, was einer Brechung eines Lichtstrahls entspricht.

Der Brechungsindex, auch Brechzahl oder optische Dichte, seltener refraktiver Index, früher auch Brechungszahl genannt, ist eine optische Materialeigenschaft. Er ist das Verhältnis der Wellenlänge des Lichts im Vakuum zur Wellenlänge im Material, und damit auch der Phasengeschwindigkeit des Lichts im Vakuum zu der im Material. Der Brechungsindex ist eine Größe der Dimension Zahl, und er ist im Allgemeinen von der Frequenz des Lichts abhängig, was Dispersion genannt wird.

An der Grenzfläche zweier Medien unterschiedlicher Brechungsindizes wird Licht gebrochen und reflektiert. Dabei nennt man das Medium mit dem höheren Brechungsindex das optisch dichtere.

Beachte, dass mit „optische Dichte“ zuweilen auch ein Maß für die Extinktion bezeichnet wird.

Physikalische Grundlagen

Einfluss des komplexen Brechungs­index eines Materials auf das Refle­xions­verhalten eines Lichtstrahls beim Auftreffen auf die Grenzfläche Luft/Material
Verlauf des wellenlängenabhängigen komplexen Brechungsindex im visuellen Bereich für Halbleiter mit Band­über­gängen in diesem Bereich

Die Bezeichnung „Brechungsindex“ kommt vom Begriff Brechung und seinem Auftreten im Snelliusschen Brechungsgesetz. Der Brechungsindex ist eine Größe der Dimension Zahl. Er gibt das Verhältnis der Vakuumlichtgeschwindigkeit zur Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts im Medium an:

Komplexer Brechungsindex

Beschreibt man die zeitliche und räumliche Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle der Kreisfrequenz mit Hilfe der Wellengleichung

,

so stellt man fest, dass man sowohl den klassischen Brechungsindex als auch die Dämpfung der Welle in einem komplexwertigen Brechungsindex vereinen und mittels einer Gleichung sowohl das zeitliche als auch das räumliche Fortschreiten der Welle und deren Absorption beschreiben kann. Der reellwertige Anteil , der meist größer als 1 ist, verkürzt die Wellenlänge im Medium, , der komplexwertige Anteil dämpft die Welle .

Hierbei sind unterschiedliche, gleichwertige Darstellungen für den komplexwertigen Brechungsindex üblich:

  • als Summe von Realteil und dem mit der imaginären Einheit  multiplizierten Imaginärteil einer komplexen Zahl:[1][2]
    oder
    oder
  • als Differenz von Realteil und dem mit  multiplizierten Imaginärteil einer komplexen Zahl:[3][4][5]
    oder
  • als Produkt aus dem reellen Brechungsindex und einer komplexen Zahl:[5]

Das in einigen Darstellungen enthaltene Minuszeichen vor dem Imaginärteil wird gewählt, damit der Imaginärteil (, oder bzw. ) bei absorbierendem Material ein positives Vorzeichen bekommt.[3] Dieser Imaginärteil wird Extinktionskoeffizient oder Absorptionsindex genannt.[6][7] Davon abweichend bezeichnen Autoren, die die Darstellung als Produkt verwenden, die Größe , also den Imaginärteil geteilt durch , als Absorptionsindex.[5]

Sowohl der Realteil als auch der Imaginärteil des Brechungsindex sind, wenn sie ungleich 1 sind, von der Frequenz und damit von der Wellenlänge abhängig. Dieser als Dispersion bezeichnete Effekt ist unvermeidlich und ermöglicht die Zerlegung von weißem Licht in seine Spektralfarben an einem Prisma. Die Frequenzabhängigkeit des Brechungsindex in Materie kann recht gut über das Modell des Lorentz-Oszillators beschrieben werden.

Da die Reaktion eines optischen Mediums auf eine elektromagnetische Welle kausal sein muss, ist der komplexwertige Brechungsindex eine meromorphe Funktion, Real- und Imaginärteil sind über die Kramers-Kronig-Beziehungen verkoppelt.

Anisotroper Brechungsindex

In anisotropen Medien ist der Brechungsindex kein Skalar, sondern ein Tensor zweiter Stufe. Wellenvektor und Ausbreitungsrichtung stimmen dann nicht mehr überein.

Doppelbrechung

Ist der Brechungsindex von der Polarisation (und damit zwangsweise auch von der Richtung) abhängig, spricht man von Doppelbrechung.

Verknüpfung mit Permittivität und Permeabilität

Der komplexe Brechungsindex ist mit der Permittivitätszahl (dielektrische Funktion) und der Permeabilitätszahl verknüpft:

Dabei sind alle Größen im Allgemeinen komplex und frequenzabhängig. Permittivitäts- und der Permeabilitätszahl sind Näherungen, die sich je nach System besser oder schlechter zur Beschreibung des Polarisierungs- und des Magnetisierungs-Effekts eignen.

Die Wellenlängenabhängigkeit des Brechungsindexes eines Materials lässt sich über die elektrische Suszeptibilität theoretisch ermitteln. Diese Größe erfasst die Beiträge der verschiedenen Mechanismen im Material zu seinen Eigenschaften und mündet in der komplexen Permittivität. Im Fall von nichtmagnetischem Material ist , und der komplexe Brechungsindex kann direkt aus Real- () und Imaginärteil () der Permittivitätszahl angegeben werden:

Durch Vergleich mit dem komplexen Brechungsindex in den beiden o. g. Darstellungen 1 und 2 (Summe bzw. Differenz) kann man die Größen und berechnen:

Gruppenbrechungsindex

Das Verhältnis der Vakuumlichtgeschwindigkeit zur Gruppengeschwindigkeit des Lichts im Medium ist der Gruppenbrechungsindex . Über die Gruppengeschwindigkeit ist diese Materialeigenschaft von der Wellenlänge des Lichts abhängig:

Im Vakuum hat die Gruppengeschwindigkeit den gleichen Wert wie die Phasengeschwindigkeit, zudem ist dieser Wert unabhängig von der Wellenlänge des Lichts. Im Medium ist das nicht notwendigerweise der Fall; besonders bei Wellenlängen, für die das Material große Dispersion zeigt, ergeben sich Unterschiede.

Andere Definitionen

Brechung von Medium 1 in ein Medium 2 mit höherem Brechungsindex: Der untere graue Strahl zeigt das Verhalten eines Metamaterials mit gegenüber Medium 1 umgedrehten Vorzeichen.

Die Definition des Brechungsindex erfolgte oben über die Geschwindigkeit, mit der sich Licht im Material ausbreitet. Dieses Vorgehen ist naheliegend, aber nicht in allen Fällen anwendbar. Beispielsweise können Metamaterialien dem geometrischen Strahlengang nach einen negativen Brechungsindex (s. u.) aufweisen. Ein negativer Wert der Lichtgeschwindigkeit ist jedoch nicht sinnvoll definiert.

Alternative Definitionen des Brechungsindex, bei denen dieses Problem nicht auftritt, sind:

Alle diese Definitionen liefern für gewöhnliche optische Materialien denselben Wert.

Brechungsindex der Luft und anderer Stoffe

Brechungsindex ausgewählter Stoffe bei der Wellenlänge 589 nm (gelb-orange) der Natrium-D-Linie.[8][9]
Material Brechungs-
index n
Vakuum exakt 1
Helium (Normbed.) 1,000 034 911
Luft (Normbed.) 1,000 292
Schwefelhexafluorid (Normbed.) 1,000 729
Aerogel 1,007 … 1,24
Eis 1,31
Wasser (liqu.) 20 °C 1,3330
menschl. Augenlinse 1,35 … 1,42
Ethanol[10] (liqu.) 1,3614
Flussspat (Calciumfluorid) 1,43
menschliche Epidermis 1,45
Quarzglas 1,46
Glycerin (liqu.) 1,473 99
PMMA (Plexiglas) 1,49
Kronglas 1,46 … 1,65
Benzol (liqu.) 1,5011
Fensterglas[11] 1,52
Mikroskopische Deckgläser 1,523
Quarz 1,54
Halit (Steinsalz) 1,54
Polystyrol (PS) 1,58
Polycarbonat (PC) 1,585
Epoxidharz 1,55 … 1,63
Flintglas 1,56 … 1,93
Schwefelkohlenstoff (CS2) (liqu.) 1,6319
Kunststoffglas für Brillen bis 1,76
Diiodmethan (liqu.) 1,7425
Rubin (Aluminiumoxid) 1,76
Mineralglas für Brillen (polarisierend) bis 1,9 (1,5)
Glas 1,45 … 2,14
Bleikristall bis 1,93
Zirkon 1,92
Diamant 2,42
Titandioxid (Anatas) 2,52
Siliciumcarbid 2,65 … 2,69
Titandioxid (Rutil) 3,10

Größenordnungen

Brechungsindex von Wasser zwischen 3 nm und 300 m

Das Vakuum hat per Definition einen Brechungsindex von exakt 1. Dies stellt zum einen einen Referenzwert dar, zum anderen ergibt es sich aus der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht im Vakuum, die genau der Vakuumlichtgeschwindigkeit entspricht.

In „normalen“ Stoffen gibt es bewegliche elektrische Ladungsträger (und bewegliche magnetische Dipole). Diese bewirken durch Kompensation des elektrischen (und des magnetischen) Feldes eine verlangsamte Ausbreitung des elektromagnetischen Feldes. Dies wird durch den Brechungsindex beschrieben. Dieses Kompensationsverhalten ist allerdings frequenzabhängig, da die Ladungsträger (und magnetischen Dipole) nur bis zu einer bestimmten Frequenz dem elektrischen Feld folgen können. So fangen Stoffe bei einem bestimmten Brechungsindex bei sehr kleinen Frequenzen an (Wasser z. B. bei ) und reduzieren diesen Wert hin zu hohen Frequenzen. Jede Reduktion erfolgt in der Nähe einer Elektronenresonanz (oder Magnetdipolresonanz) des Stoffes und führt zu einer zunächst vergrößerten Brechzahl, die sich danach verkleinert und anschließend auf einem niedrigeren Niveau wieder einpegelt.

Im sichtbaren Bereich sind die Brechungsindizes transparenter bzw. schwach (bis mittel) absorbierender Materialien in der Regel größer als 1. Bei elektrisch leitfähigen, und daher stark absorbierenden Materialien wie Metallen herrschen andere physikalische Bedingungen. Sichtbares Licht kann nur wenige Nanometer in solche Materialien eindringen. Aus der oben genannten Beziehung mit der Permittivität und Permeabilität ergibt sich daher zwar oft ein Realteil des Brechungsindexes zwischen 0 und 1, dies kann aber nicht in der gleichen Weise interpretiert werden wie bei transparenten Materialien (Bezug zur Lichtgeschwindigkeit), da der komplexe Brechungsindex in diesem Fall vom Imaginärteil dominiert wird.

Darüber hinaus gibt es für jeden Stoff jedoch Wellenlängenbereiche (z. B. oberhalb des sichtbaren Bereichs), bei denen der Realteil des Brechungsindexes kleiner als 1 ist (aber positiv bleibt). So ist für sehr kleine Wellenlängen (Röntgenstrahlung, Gammastrahlung) der Brechungsindex immer kleiner als 1 und nähert sich mit sinkender Wellenlänge der 1 von unten an. Daher hat sich beispielsweise im Röntgenbereich die Darstellung etabliert, wobei typische Werte für zwischen 10−9 und 10−5 liegen (stark abhängig von der Wellenlänge, abhängig von der Ordnungszahl und Dichte des Materials).

Luft

Der Brechungsindex für sichtbares Licht von Luft beträgt auf Meeresniveau 1,00028[12] (trockene Luft bei Normatmosphäre). Er hängt von der Dichte und damit von der Temperatur der Luft ab, sowie von der speziellen Zusammensetzung der Luft – insbesondere der Luftfeuchtigkeit. Da die Luftdichte nach oben – entsprechend den Gasgesetzen in einem Schwerefeld, siehe barometrische Höhenformel – exponentiell abnimmt, beträgt der Brechungsindex in 8 km Höhe nur mehr 1,00011. Durch diese astronomische Refraktion scheinen Sterne höher zu stehen, als das ohne Atmosphäre der Fall wäre. Im technischen Bereich wird manchmal zur Vereinfachung der Brechungsindex der Materialien auf den von Luft bezogen.

Wellenlängenabhängigkeit

Brechungsindex ausgewählter Glassorten als Funktion der Wellenlänge. Der sichtbare Bereich von 380 bis 780 nm ist rot markiert.

Da der Brechungsindex jedes Materials von der Wellenlänge des einfallenden Lichts abhängt (was auch bei elektromagnetischer Strahlung außerhalb des sichtbaren Bereichs gilt), wäre es notwendig, diesen auch wellenlängenabhängig (tabellarisch oder als Funktion) anzugeben. In der Abbildung sind als Beispiel Kurven des wellenlängenabhängigen Brechungsindex einiger Glassorten dargestellt. Sie zeigen den typischen Verlauf einer normalen Dispersion.

Die Stärke der Dispersion lässt sich im sichtbaren Spektralbereich in erster Näherung durch die Abbe-Zahl beschreiben, genauere Abschätzung ergeben sich durch Anwendung der Sellmeier-Gleichung.

Für viele einfache Anwendungen ist die volle Angabe des wellenlängenabhängigen Brechungsindex nicht notwendig. Stattdessen wird der Brechungsindex üblicherweise für die Wellenlänge der Natrium-D-Linie (589 nm) angegeben. In älteren Publikationen werden als Index statt des D auch α und β angegeben. Dabei handelt es sich um Linien des Wasserstoffspektrums, genauer der Balmer-Serie (α = 656 nm und β = 486 nm). Diese sind von historischem Interesse und werden heute kaum noch verwendet.

Brechungsindex des Plasmas

Jede linear polarisierte Welle kann als Überlagerung zweier zirkularer Wellen mit entgegengesetztem Umlaufsinn interpretiert werden. Verläuft die Ausbreitungsrichtung parallel zu den Magnetfeldlinien, ergeben sich für die Brechzahlen n folgende Formeln:[13]

Dabei ist die Frequenz der Welle, die Plasmafrequenz der freien Elektronen im Plasma und die Gyrationsfrequenz dieser Elektronen. Der Unterschied beider Formeln verschwindet, falls der Wellenvektor mit der Richtung des Magnetfeldes einen rechten Winkel einschließt, weil dann ist.

Faraday-Effekt

Falls positiv ist, lässt sich damit die Phasengeschwindigkeit der Welle

und damit wiederum die Wellenlänge

berechnen. Man kann sich eine linear polarisierte Welle zusammengesetzt aus einer rechts- und einer linksdrehenden zirkular polarisierten Welle vorstellen. Wenn sich die rechts- bzw. linksdrehenden zirkularen Wellen in ihren Wellenlängen unterscheiden, ist eine davon nach einer gewissen Weglänge um einen kleinen Winkel weiter gedreht als die andere. Der resultierende Vektor (und damit die Polarisationsebene) als Summe der beiden Komponenten wird dann gedreht (Faraday-Rotation). Das kann zum Beispiel beim Durchlaufen eines im Magnetfeld befindlichen Plasmas wie der Ionosphäre passieren.[14] Nach einer längeren Strecke kann die Gesamtdrehung sehr groß sein und ändert sich wegen der Bewegung der Ionosphäre ständig. Ein Funksignal in vertikaler Polarisation kann den Empfänger in unregelmäßigen Zeitabständen auch horizontal polarisiert erreichen. Falls die Empfangsantenne darauf nicht reagiert, ändert sich die Signalstärke sehr drastisch, was als Fading bezeichnet wird.

Auch fast alle Dielektrika zeigen den Faradayeffekt, er wird hier insbesondere im optischen Frequenzbereich beobachtet und genutzt.

Beim Funkverkehr mit Satelliten unterscheiden sich und wegen der huier oft benutzten höheren Frequenzen (Zentimeterwellen) nur geringfügig, entsprechend geringer ist auch die Faradayrotation. Ansonsten behilft man sich mit Zirkularpolarisation oder zumindest mit einer Empfangsantenne, die zirkular polarisierte Wellen empfangen kann.

Polarisationsabhängige Absorption

Die ungebundenen freien Elektronen der Ionosphäre können sich schraubenförmig um die Magnetfeldlinien bewegen und entziehen dabei einer parallel laufenden elektromagnetischen Welle Energie, wenn Frequenz und Drehrichtung übereinstimmen. Diese Zyklotronresonanz kann nur bei einer rechtsdrehend zirkularpolarisierten (außerordentlichen) Welle beobachtet werden, weil für der Nenner in obiger Formel Null wird. Eine linksdrehende zirkularpolarisierte (ordentliche) Welle kann im Plasma auf diese Weise keine Energie verlieren.

Die Feldlinien des Erdmagnetfeldes sind so orientiert, dass sie auf der nördlichen Halbkugel von der Ionosphäre zur Erde zeigen, man „blickt“ ihnen gewissermaßen entgegen, weshalb rechts und links vertauscht werden müssen. Deshalb wird hier eine nach oben abgestrahlte linksdrehende Welle absorbiert. Das Forschungsprojekt HAARP untersuchte diese Zusammenhänge.

Strahlt man dagegen (auf der nördlichen Halbkugel) eine Welle im unteren Kurzwellenbereich mit rechtem Drehsinn vertikal nach oben ab, verliert diese in der Ionosphäre keine Energie durch Zyklotronresonanz und wird in einigen hundert Kilometern Höhe von der Ionosphäre reflektiert, falls die Plasmafrequenz nicht überschritten wird.[15] Strahlt man eine linear polarisierte Welle nach oben ab, heizt die Hälfte der Sendeenergie die Ionosphäre und nur der Rest kommt linksdrehend zirkularpolarisiert wieder unten an, weil sich bei Reflexion der Drehsinn ändert.

Beim Funkverkehr mit Satelliten liegen die Frequenzen weit oberhalb der Plasmafrequenz der Ionosphäre, um vergleichbar gravierende Phänomene zu vermeiden.

Messung im optischen Bereich

Zur experimentellen Bestimmung des Brechungsindex eines nicht magnetischen Mediums ( ) kann man zum Beispiel anhand des Brewster-Winkels beim Übergang von Luft in dieses Medium messen. Für diesen Fall gilt

.

Zur Messung dient ein Refraktometer.

Eine Abschätzung des Brechungsindexes ist mit der sogenannten Immersionsmethode durch das Eintauchen eines Gegenstands in durchsichtige Flüssigkeiten mit verschiedener Dichte möglich. Wenn der Brechungsindex von Gegenstand und Flüssigkeit identisch sind und beide farblos transparent sind, verschwinden die Gegenstände scheinbar. Bei unterschiedlichen Farben verschwinden zumindest die Konturen des Gegenstands. Dieses Verfahren kann zum Beispiel eingesetzt werden, um Rubin oder Saphir zu erkennen (Brechungsindex ca. 1,76), indem sie in eine geeignete Schwerflüssigkeit eingetaucht werden, wie beispielsweise Diiodmethan (Brechungsindex = 1,74).

Anwendung

Der Brechungsindex ist eine der zentralen Bestimmungsgrößen für optische Linsen. Die Kunst der Optikrechnung zur Auslegung optischer Instrumente (Objektive, Messinstrumente, Belichtungsanlagen der Fotolithografie) beruht auf der Kombination verschiedener brechender Linsenoberflächen mit passenden Glassorten.

In der Chemie und Pharmazie wird der Brechungsindex bei einer bestimmten Temperatur oft eingesetzt, um flüssige Substanzen zu charakterisieren. Die Temperatur und die Wellenlänge, bei der der Brechungsindex bestimmt wurde, werden dabei dem Symbol für den Brechungsindex angefügt, für 20 °C und die Natrium-D-Linie z. B. .[16]

Die Bestimmung des Brechungsindex erlaubt eine einfache Bestimmung des Gehaltes einer bestimmten Substanz in einem Lösungsmittel:

Zusammenhang mit dem atomaren Aufbau

Bei kristallinen Materialien

Der Brechungsindex eines kristallinen Materials hängt direkt von seinem atomaren Aufbau ab, da sich der Grad der Kristallinität und das Kristallgitter eines Festkörpers auf seine Bandstruktur auswirken. Im sichtbaren Spektrum zeigt sich dies beispielsweise bei der Verschiebung der Bandlücke.

Durch einen anisotropen Kristallaufbau können zusätzlich Effekte wie die Doppelbrechung entstehen, bei der das Material für unterschiedlich polarisiertes Licht abweichende Brechungsindizes besitzt. In diesem Fall ist die Indikatrix ein dreiachsiges Ellipsoid (Indexellipsoid), und es ergeben sich die Hauptbrechungsindizes , und (auch als n1, n2 und n3 bezeichnet), deren Indizierung stets so vorgenommen wird, dass gilt: .[17]

In den wirteligen Kristallsystemen (trigonal, tetragonal und hexagonal) fällt die Hauptachse des Tensors, die auch als optische Achse bezeichnet wird, mit der kristallographischen c-Achse zusammen. Bei diesen optisch einachsigen Materialien

  • entspricht dem Brechungsindex des ordentlichen Strahls (engl. ordinary ray) und wird meist mit no, nor, n? oder bezeichnet.
  • Analog entspricht () dem Brechungsindex für den außerordentlichen Strahl (engl. extraordinary ray) und wird als nao, ne, ne oder bezeichnet.

Siehe auch Konstruktion des Indexellipsoids und des Fresnel-Ellipsoids.

Bei teilkristallinen und amorphen Materialien

Beziehung zwischen Brechungsindex und Dichte für Silikat- und Borosilikatgläser[18]

Bei teilkristallinen oder amorphen Materialien hat der atomare Aufbau ebenfalls deutlichen Einfluss auf den Brechungsindex. So erhöht sich in der Regel der Brechungsindex von Silikat-, Bleisilikat- und Borosilikatgläsern mit ihrer Dichte.

Trotz dieses allgemeinen Trends ist die Beziehung zwischen Brechungsindex und Dichte nicht immer linear, und es treten Ausnahmen auf, wie im Diagramm dargestellt:

  • einen relativ großen Brechungsindex und eine kleine Dichte kann man mit Gläsern erhalten, die leichte Metalloxide wie Li2O oder MgO enthalten
  • das Gegenteil wird mit PbO- und BaO-haltigen Gläsern erreicht.

Negative Brechungsindizes

Geschichte

1968 beschrieb der sowjetische Physiker Wiktor Wesselago das seltsame Verhalten von Materialien mit negativem Brechungsindex: „Würde die Herstellung gelingen, könnte man damit Linsen fertigen, deren Auflösungsvermögen weit besser wäre als das von Linsen aus gewöhnlichen optischen Werkstoffen“.[19]

1999 schlug Sir John Pendry ein Design für Metamaterialien mit negativem Brechungsindex für Mikrowellen vor,[20] das kurz darauf realisiert wurde.[21][22]

2003 hat eine Gruppe um Yong Zhang in Colorado entdeckt, dass Kristalle aus Yttrium-Vanadat (YVO4), einer Verbindung von Yttrium, Vanadium und Sauerstoff, auch ohne Weiterverarbeitung einen negativen Brechungsindex für Lichtwellen eines großen Frequenzbereichs aufweisen.[23] Der Kristall besteht aus zwei ineinandergeschachtelten Kristallgittern mit symmetrischen optischen Achsen. Die negative Lichtbrechung tritt aber nur in einem gewissen Winkelbereich des Einfallswinkels auf. In künftigen Experimenten wollen die Forscher weitere vermutete Eigenschaften der negativen Brechung prüfen – wie etwa die Umkehrung des Dopplereffekts und der Tscherenkow-Strahlung.[24]

2007 stellten Vladimir Shalaev und seine Kollegen von der Purdue-Universität ein Metamaterial mit negativem Brechungsindex für Strahlung im nahen Infrarotbereich vor.[25]

2007 ist es Physikern um Ulf Leonhardt von der Universität St Andrews unter Verwendung von Metamaterial mit negativem Brechungsindex („linkshändiges Material“) gelungen, den sogenannten Casimir-Effekt umzukehren (reverser Casimir-Effekt, auch Quanten-Levitation genannt). Dies eröffnet die Zukunftsperspektive auf eine (nahezu) reibungslose Nanotechnologie.[26][27]

Nicht durch Beugung begrenzte Linsen

Im Jahr 2000 zeigte John Pendry, dass mit einem Material mit negativem Brechungsindex eine Linse hergestellt werden kann, deren Auflösung nicht durch das Beugungslimit begrenzt ist.[28] Eine einschränkende Bedingung ist dabei, dass sich die Linse im Nahfeld des Objekts befinden muss, damit die evaneszente Welle noch nicht zu stark abgeklungen ist. Für sichtbares Licht bedeutet das einen Abstand von etwa < 1 µm. Einige Jahre später gelang es Forschern um Xiang Zhang an der Universität Berkeley, ein Mikroskop mit einer Auflösung von einem Sechstel der Wellenlänge des verwendeten Lichts zu bauen.[29]

Literatur

  • Michael Bass: Handbook of Optics Volume 1. Optical Techniques and Design:. 2. Auflage. Mcgraw-Hill Professional, 1994, ISBN 0-07-047740-X.
  • Martin Roß-Meßemer: Den kleinsten Winkel im Visier. In: Innovation. Nr. 10, 2001, S. 22–23 (PDF; 705 kB, archiviert am 9. Nov. 2012 (Memento vom 9. November 2012 im Internet Archive) [abgerufen am 20. Juni 2016]).
  • Schott Glass (Hrsg.): Optical Glass Properties. 2000 (Produktkatalog; Brechungsindizes verschiedener Glassorten). PDF; 257 kB.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eugene Hecht: Optik. Oldenbourg Verlag, 2005, ISBN 978-3-486-27359-5, Kapitel 4.8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Charles Kittel: Einführung in die Festkörperphysik. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2005, ISBN 3-486-57723-9.
  3. a b Richard Feynman, Roberts Leighton, Matthew Sands: Vorlesungen über Physik. Band 1, Kapitel 31-4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik 2: Elektrizität und Optik. Abschnitt 8.3.2 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. a b c Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer: Lehrbuch der Experimentalphysik: Optik. Kapitel 2.6, Absorption von Strahlung. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Mark Fox: Optische Eigenschaften von Festkörpern. Oldenbourg Verlag, 2012, ISBN 978-3-486-71240-7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Agnes Ott: Oberflächenmodifikation von Aluminiumlegierungen mit Laserstrahlung: Prozessverständnis und Schichtcharakterisierung. Herbert Utz Verlag, 2009, ISBN 978-3-8316-0959-8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. https://refractiveindex.info/?shelf=main&book=Cs&page=Smith
  9. https://www.filmetrics.de/refractive-index-database
  10. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-232.
  11. J. D'Ans, E. Lax, Taschenbuch für Chemiker und Physiker. 2. Aufl. 1949, S. 1358.
  12. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Index of Refraction of Air, S. 10-252.
  13. Ionospheric Effects – Propagation in homogenous Plasmas. (PDF; 2,2 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 17. Februar 2013; abgerufen am 20. Juni 2016 (englisch).
  14. Christopher Watts: Ionospheric effects on imaging and polarization. (PDF) Max-Planck-Institut für Radioastronomie Bonn, 5. Oktober 2010, abgerufen am 20. Juni 2016 (Vortrags-Folien – Treffen Kloster Irsee 2010).
  15. Mainflingen Kreuzdipol.
  16. Europäisches Arzneibuch. 6. Ausgabe, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, 2008, ISBN 978-3-7692-3962-1, S. 34.
  17. Will Kleber, Hans-Joachim Bautsch, Joachim Bohm: Einführung in die Kristallographie. Oldenbourg, 2002, ISBN 3-486-59885-6, S. 304 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  18. Calculation of the Refractive Index of Glasses. Auf: Glassproperties.com.
  19. Viktor G .Veselago: The Electrodynamics of Substances with Simultaneously Negative Values of e and µ. In: Soviet Physics Uspekhi. Band 10, Nr. 4, 30. April 1968, S. 509–514, doi:10.1070/PU1968v010n04ABEH003699.
  20. J.B. Pendry, A.J. Holden, D.J. Robbins, W.J. Stewart: Magnetism from conductors and enhanced nonlinear phenomena. In: IEEE Transactions on Microwave Theory and Techniques. Band 47, Nr. 11, 1999, S. 2075–2084, doi:10.1109/22.798002.
  21. R. A. Shelby, D. R. Smith, S. Schultz: Experimental Verification of a Negative Index of Refraction. In: Science. Band 292, Nr. 5514, 4. Juni 2001, S. 77–79, doi:10.1126/science.1058847.
  22. C. Kusko, Z. Zhai, N. Hakim, R. S. Markiewicz, S. Sridhar, D. Colson, V. Viallet-Guillen, A. Forget, Yu. A. Nefyodov, M. R. Trunin, N. N. Kolesnikov, A. Maignan, A. Daignere, A. Erb: Anomalous microwave conductivity due to collective transport in the pseudogap state of cuprate superconductors. In: Physical Review B. Band 65, Nr. 13, 6. Februar 2002, S. 132501, doi:10.1103/PhysRevB.65.132501.
  23. Left Handed Material at Work. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Physics News. Archiviert vom Original am 1. Oktober 2013; abgerufen am 20. Juni 2016 (englisch).
  24. Yong Zhang, B. Fluegel, A. Mascarenhas: Total Negative Refraction in Real Crystals for Ballistic Electrons and Light. In: Physical Review Letters. Band 91, Nr. 15, 9. September 2003, S. 157404, doi:10.1103/PhysRevLett.91.157404.
  25. V. M. Shalaev: Optical negative-index metamaterials. In: Nat. Photonics. Band 1, 2007, S. 41–48, doi:10.1038/nphoton.2006.49.
  26. Rainer Scharf: Bisweilen stößt das Nichts auch ab. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Band 11, 14. Januar 2009, S. N1.
  27. Ulf Leonhardt et al.: Quantum levitation by left-handed metamaterials. In: New J. Phys. Band 9, 2007, S. 254, doi:10.1088/1367-2630/9/8/254.
  28. J. B. Pendry: Negative Refraction Makes a Perfect Lens. In: Phys. Rev. Lett. Band 85, 2000, S. 3966, doi:10.1103/PhysRevLett.85.3966.
  29. H. Lee, Y. Xiong, N. Fang, W. Srituravanich, S. Durant, M. Ambati, C. Sun, X. Zhang: Realization of optical superlens imaging below the diffraction limit. In: New J. Phys. Band 7, 2005, S. 255, doi:10.1088/1367-2630/7/1/255 (Volltext (Memento vom 1. September 2012 im Internet Archive) [PDF; 2,5 MB; abgerufen am 20. Juni 2016])..