Inselspital
Inselspital Bern | ||
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Bettenhochhaus und Kinderklinik | ||
Trägerschaft | Aktiengesellschaft, die Aktienmehrheit hält die gemeinnützige, privatrechtliche Insel-Stiftung[1] | |
Ort | Bern, Schweiz | |
Kanton | Bern | |
Staat | Schweiz | |
Koordinaten | 598920 / 199571 | |
Direktionspräsident | Uwe E. Jocham[2] | |
Betten | 893[3] | |
Mitarbeiter | 10'750 (Insel Gruppe, Ende 2017)[4] | |
davon Ärzte | 1'450 (Insel Gruppe, Ende 2017)[4] | |
Jahresetat | 1,904 Mrd. CHF (Bilanzsumme Insel Gruppe, Ende 2018)[5] | |
Zugehörigkeit | Insel Gruppe AG | |
Gründung | 1354 | |
Website | www.insel.ch | |
Lage | ||
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Das Inselspital, Universitätsspital Bern (frz.: Inselspital, Hôpital universitaire de Berne) ist eine Universitätsklinik der Schweiz. Das Spital gehört seit 2016 zur Insel Gruppe AG und ist über einen Staatsvertrag mit dem Kanton Bern und dessen Gesundheitswesen verbunden. Die Insel, wie sie abgekürzt auch genannt wird, arbeitet in Lehre und Forschung mit der Medizinischen Fakultät der Universität Bern sowie mit der Berner Fachhochschule zusammen.
Geschichte
Die Ursprünge des Inselspitals gehen auf die Stiftung der Berner Ratsherrentochter Anna Seiler zurück. Seiler stiftete nach der Pestepidemie um 1350, am 29. November 1354 in ihrem Testament ein Hospital zur unentgeltlichen Behandlung und Pflege mit dreizehn Betten, das «stets und ewig» Bestand haben sollte.[6]
Nach der Berner Disputation und der darauffolgenden Annahme der Reformation, ging das ehemalige Dominikanerinnen-Kloster «St. Michael in der Insel» an das Seilerin-Spital über. Dieses zog im Jahr 1531 von der Zeughausgasse in das Gebäude des Klosters um, das in der Gegend des heutigen Ostflügels des Berner Bundeshauses lag. Auf das Klostergebäude geht der Name Inselspital zurück. Das Spital bestand zum Zeitpunkt des Umzugs aus 34 Betten.[7]
Zuweisungen aus der ganzen Schweiz sowie der Bevölkerungszuwachs, führten dazu, dass vielen Kranken aufgrund von Platzmangel die Aufnahme verwehrt werden musste. Das Gebäude war nach inzwischen 300-jährigem Bestehen in einem äusserst bedenklichen Zustand. Bei einem Brand 1713 wurde das Inselspital zerstört. Fünf Jahre später begann der Wiederaufbau an derselben Stelle an der Kochergasse. Der Neubau wurde zwischen 1718 und 1724 auf Staatskosten, von Werkmeister Dünz erbaut – nach den Plänen des Vorarlberger Architekten Franz Beer. Es erschien einem «königlichen Palast ähnlicher denn einem Hospital» und bot Platz für die Behandlung von 70 Erwachsenen und 12 Kindern.[7][8]
Mit dem Franzoseneinfall 1798/1799, diente die Insel den Besatzungstruppen Napoleons als Militärspital. Die letzten französischen Truppen wurden 1802 abgezogen. Jedoch waren noch bis im Februar 1803 Militärpatienten im Spital untergebracht. Während der Mediationszeit stand das Inselspital als unselbstständige Stiftung der Burgergemeinde unter der Oberaufsicht der Kantonsregierung. 1831 trat der Kanton seine Verpflichtungen gegenüber dem Spital, mit der Überweisung von einer Million Franken ab. Aus den Zinserträgen dieser Dotation sollten nun die vorherig erbrachten Leistungen wie Arztbesoldungen, Medikamente und der Betriebsbeitrag finanziert werden. Die dadurch ausgelösten Streitigkeiten wurden 1841 mit einem Dotationsvergleich beiseitegelegt. Beide Parteien (Burgergemeinde und Kanton) bezahlen jeweils 500'000 Franken.[7][9]
Es gehörte seit dem frühen 18. Jahrhundert zu den Pflichten der Chirurgen und Stadtärzte, für angehende Studenten der Medizin, in der Insel Unterricht abzuhalten. 1797 schlossen sich Ärzte, Chirurgen und Apotheker zum «Medizinischen Institut» zusammen und boten einen vollständigen Lehrgang an. Das Institut bildete trotz der Unsicherheit während der Revolution erfolgreich Landärzte aus. 1805 erhielt Bern erstmals eine Medizinische Fakultät. Das vierjährige medizinische Studium, berechtigt nach dem erfolgreichen Abschluss des kantonalen Examens, die Ausübung der Praxis.[7]
Aufgrund der steigenden Patientenzahlen und immer neuen medizinischen Anforderungen kam um 1880 das Inselspital an seine Kapazitätsgrenzen. Auf dem der Inselspital-Stiftung gehörenden «Kreuzmatt-Areal», dem heutigen Standort, wurde von 1881 bis 1884 ein neues Spital errichtet. Das Areal hatten Sie 1546 von der Anna von Krauchthal, geb. von Velschen, geschenkt erhalten.[10] Im Jahr 1884 wurde das Pavillon-System mit 340 Betten bezogen. 1888 wurde im Zuge der Bauarbeiten für das heutige Bundeshaus Ost der Abbruch des alten Spitalgebäudes notwendig, das bereits seit vier Jahren leer stand. Dabei kamen neben Mauerresten des mittelalterlichen Klosters «St. Michael in der Insel» auch ein jüdischer Grabstein zum Vorschein, ein weiterer 1901 bei der Erstellung des Bundesplatzes. Diese Grabsteine gehörten zu einem Friedhof («Judenkilchhof»), der 1294 nach der Vertreibung der Juden enteignet und verkauft worden war.[11]
Während des Ersten Weltkrieges und der Nachkriegszeit konnten die Gebäude aufgrund fehlender finanzieller Mittel weder erweitert noch erneuert werden. Der Schweizer Handelsunternehmer Carl Ludwig Lory (1838–1909) schrieb in seinem Testament vom 9. April 1904, dass die Insel- und Ausserkrankenhauskorporation des Kantons Bern als Haupterbin gilt. Die Verwendung des Erbes war an genaue Bedingungen geknüpft. Das Geld durfte nur zur Erweiterung des Inselspitals verwendet werden und die Neubauten sollten der Pflege, nicht der Lehre dienen. Zusätzlich durfte das Geld nicht für die Finanzierung des Spitalbetriebs verwendet werden, dafür musste der Staat aufkommen. Da der Kanton Bern die Betriebskosten der benötigten Neubauten nicht übernahm, geschah lange Zeit nichts und erst im Jahr 1919 wurde mit dem gestifteten Geld Bauland gekauft. Das neue Inselhilfsgesetz mit Beiträgen von Kanton und Gemeinden ermöglichte ab 1923 die Finanzierung des Spitalbetriebs. Es konnte mit dem Bau des sogenannten Lory-Spitals begonnen werden. Das neue Spitalgebäude wurde am 21. Oktober 1929 – dem Geburtstag des Stifters – eingeweiht. Mit dem übriggebliebenen Teil des gestifteten Lory-Geldes wurde 1954 das Anna-Seiler-Haus gebaut und 1955 konnte die Renovation des Loryspitals mitfinanziert werden.[12]
Grosse Teile der Ende des 19. Jahrhunderts errichteten Bauten wurden von 1958 bis 1978 abgebrochen und durch die heutigen Gebäude ersetzt – unter anderem das Bettenhochhaus, der Operationstrakt, die Personalhäuser, das Wirtschaftsgebäude, das Labor- und Werkstattgebäude, der Polikliniktrakt 1 und die neue Kinderklinik. Unter den Bauwerken gilt das Bettenhochhaus als das markanteste.[6]
Der Regierungsrat des Kantons Bern beschloss Ende 2009 die Fusion des Inselspitals Bern und der Spitäler der Spital Netz Bern AG (Spital Aarberg, Spital Münsingen, Spital Riggisberg, Spital Tiefenau, Spital Ziegler sowie Spital und Altersheim Belp). Per 1. Januar 2016 wurde die Fusion zur Insel Gruppe AG durchgeführt.[6]
Bis 2012 finanzierte der Kanton Bern die einzelnen Gebäude und Anlagen des Berner Inselspitals fast vollständig aus Steuergeldern. Mit der neuen Spitalfinanzierung sollen Abgeltungen für Investitionen ausbezahlt werden.[6]
In einer Volksabstimmung wurde 2015 der sogenannte «Masterplan Inselspital» angenommen. Eine Erneuerung mit mehreren Neubauten und Sanierungen soll bis 2025 durchgeführt werden. Unter anderem sollen zwei Hochhäuser durch das Intensiv-, Notfall- und Operationszentrum (INO) miteinander verbunden werden.[13] Im Juni 2018 zog die Universitätsklinik für Frauenheilkunde in das Theodor-Kocher-Haus an der Friedbühlstrasse. Damit wurde der erste Neubau im Rahmen des Masterplans in Betrieb genommen.[14]
Gebäude
Die im Rahmen der Erneuerung der 2010er Jahre gebauten oder umgebauten wichtigsten Gebäude der Insel sind:[15][16]
- Anna-Seiler-Haus (Hauptgebäude): Das neue Hauptgebäude ersetzt das Bettenhochhaus aus den 1970er Jahren. Es ist nach der Spitalgründerin Anna Seiler benannt und ist voraussichtlich im dritten Quartal 2023 bezugsbereit.[17]
- Julie-von-Jenner-Haus (früher Kinderklinik): Julie von Jenner (1787–1860) stiftete 1858 das erste Berner Kinderspital, das Jennerspital, das 1960 als Kinderklinik ins Inselspital integriert wurde.
- Marie-Colinet-Haus: Das als Frauenklinik erbaute und lange von Baumängeln geplagte Haus soll nach der Sanierung, voraussichtlich ab Ende 2024, die Frauenklinik, die Neonatologie der Kinderklinik und die Augenklinik beherbergen.[18] Marie Colinet (ca. 1560–1640) war eine der ersten Chirurginnen in Europa und erfand die Methode, Metallsplitter mit Magneten aus dem Auge zu entfernen.
- Wilhelm-Fabry-Haus (früher Anna-Seiler-Haus): Wilhelm Fabry (1560–1634) war der Begründer der wissenschaftlichen Chirurgie und ab 1615 Stadtarzt von Bern.
- Clara-Winnicki-Haus: Das zentrale Service- und Logistikgebäude, das u. a. die Spitalapotheke umfasst, wird ab 2024 gebaut. Clara Winnicki (1880–1935) war die erste selbstständige Apothekerin in der Schweiz.
- Anna-von-Krauchthal-Haus (früher Haus 5): Anna von Krauchthal (auch Anna von Velschen, gestorben 1464 oder 1465), eine der reichsten Bernerinnen, stiftete unter anderem das Grundstück des Inselspitals.
Berühmte Personen an der Insel
Von 1819 bis 1826 wirkte Karl Rikli als Pfarrer und von 1821 bis 1833 Karl Howald als Prediger am Inselspital, ab 1850 arbeitete als Arzt Johann Rudolf Schneider,[19] der politische Initiator der Juragewässerkorrektion. Im Inselspital war auch Emil Theodor Kocher tätig, der 1909 als erster Chirurg den Nobelpreis für Medizin erhielt.
Siehe auch
Literatur
- Fritz Leu (Hrsg.): Das Inselspital: Geschichte des Universitätsspitals Bern, 1954–2004. Weber, Thun/Gwatt 2006, ISBN 3-909532-36-5.
- Elisabeth Rüedi: Die Pflege und das Pflegemanagement in ständigem Wandel. Geschichte der Krankenpflege im Inselspital 1954–2004. Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik SGGP, Zürich 2008, ISBN 978-3-85707-093-8.
- Stefan Weigel: Innovationsanalyse für das System «Universitätsspital Bern». Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik SGGP, Bern 2011, ISBN 978-3-85707-110-2.
- Stefan Weigel, Paul Messerli: Die regionalwirtschaftliche Bedeutung des Inselspitals. Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik SGGP, Bern 2011, ISBN 978-3-85707-109-6.
- Arnalda Paggi: Kunstsammlung Inselspital Bern, Inselspital Stiftung, Bern 2008.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Inselspital-Stiftung. Insel Gruppe AG, abgerufen am 1. Juni 2019.
- ↑ Mitglieder der Direktion Insel Gruppe. Insel Gruppe AG, abgerufen am 1. Juni 2019.
- ↑ Kennzahlen der Schweizer Spitäler. (PDF) Bundesamt für Statistik, 2017, S. 123/124, abgerufen am 26. Mai 2019.
- ↑ a b Kurzporträt der Insel Gruppe AG 2018. (PDF) Insel Gruppe AG, abgerufen am 1. Juni 2019.
- ↑ Konzernrechnung Insel Gruppe 2018. (PDF) Insel Gruppe AG, abgerufen am 1. Juni 2019.
- ↑ a b c d Geschichte des Inselspitals. Abgerufen am 3. Januar 2022.
- ↑ a b c d Urs Boschung: Ein ewiges Spital: Die Insel zwischen 1354 und 1954. In: Fachstelle für Kommunikation und Medien, Inselspital, 3010 Bern (Hrsg.): 650 Jahre Inselspital. Bern 2004, S. 14–27.
- ↑ Hermann Rennefahrt, Erich Hintzsche: 600 Jahre Inselspital. Hrsg.: Inselkorporation. Verlag Hans Huber, Bern 1954, Kap. 4, S. 97–100.
- ↑ Hermann Rennefahrt und Erich Hintzsche: 600 Jahre Inselspital. Hrsg.: Inselkorporation. Verlag Hans Huber Bern, Bern 1954, Kapitel 5, S. 113–118.
- ↑ Die Schenkung der Kreuzmatte an das Inselspital 1456. Abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Informationstafel, Bundeshaus Ost: Jüdische Präsenz im mittelalterlichen Bern. Hrsg.: Kanton Bern. 2009.
- ↑ Hans Maurer: Gesundheitswesen – von der Badestube zum modernen Spital. Carl Ludwig Lory, der Stifter des Loryspitals. In: Einwohnergemeinde Münsingen (Hrsg.): Ortsgeschichte von 2010. 2010, S. 130/131 (geschichte-muensingen.ch [PDF]).
- ↑ Geschichte des Inselspitals. Insel Gruppe AG, abgerufen am 1. Juni 2019.
- ↑ Frauenklinik zieht ins Theodor-Kocher-Haus. Insel Gruppe AG, 8. Juni 2018, abgerufen am 1. Juni 2019.
- ↑ Esther Diener: Signal für Gleichberechtigung – Das Inselspital ehrt fünf Pionierinnen mit Gebäudenamen. In: Der Bund. 20. April 2022, abgerufen am 20. April 2022.
- ↑ Insel Gruppe ehrt historische Berner Persönlichkeiten mit Gebäudebezeichnungen. Insel Gruppe, abgerufen am 20. April 2022.
- ↑ Das neue Hauptgebäude wird Anna-Seiler-Haus heissen. In: radiologie.insel.ch. 17. September 2021, abgerufen am 14. Juli 2022.
- ↑ Wegen versteckter Bauschäden: Sanierung der Berner Frauenklinik verschlingt weitere 63 Millionen. In: derbund.ch. 6. Juli 2022, abgerufen am 14. Juli 2022.
- ↑ Hermann Rennefahrt und Erich Hintzsche: 600 Jahre Inselspital. Hrsg.: Inselkorporation. Verlag Hans Huber Bern, Bern 1954, S. 392.