Der Begriff Differentialform (oft auch alternierende Differentialform genannt) geht auf den Mathematiker Élie Joseph Cartan zurück. Differentialformen sind ein grundlegendes Konzept der Differentialgeometrie. Sie erlauben eine koordinatenunabhängige Integration auf allgemeinen orientierten differenzierbaren Mannigfaltigkeiten.
Kontext
Es sei
In jedem dieser Fälle gibt es
- den Begriff der differenzierbaren Funktion auf
der Raum der beliebig oft differenzierbaren Funktionen auf
werde mit
bezeichnet; - den Begriff des Tangentialraums
an
in einem Punkt
- den Begriff der Richtungsableitung
für einen Tangentialvektor
und eine differenzierbare Funktion
- den Begriff des differenzierbaren Vektorfeldes auf
der Raum der Vektorfelder auf
sei mit
bezeichnet.
Der Dualraum des Tangentialraums
wird als Kotangentialraum
bezeichnet.
Definition
Differentialform
Eine Differentialform vom Grad
auf
oder kurz
-Form
ist ein glatter Schnitt in der
-ten äußeren Potenz des Kotangentialbündels von
. In symbolischer Schreibweise bedeutet dies
, wobei
das Kotangentialbündel von
,
die
-te äußere Potenz von
und
somit die Menge der glatten Schnitte von
bezeichnet.
Dies bedeutet, dass jedem Punkt
eine alternierende Multilinearform
auf dem Tangentialraum
zugeordnet wird; und zwar so, dass für
glatte Vektorfelder
die Funktion

glatt, also beliebig oft differenzierbar, ist.
Alternativ dazu kann man eine
-Form
als eine alternierende, glatte multilineare Abbildung
auffassen. Das bedeutet:
ordnet
Vektorfeldern
eine Funktion
zu, sodass

-
für
und

gilt.
Alternative unter Rückgriff auf Tensorfelder: Eine
-Form ist ein alternierendes, kovariantes Tensorfeld der Stufe
Raum der Differentialformen
Die Menge der
-Formen auf
bildet einen Vektorraum und wird mit
bezeichnet. Weiterhin setzt man

Für endlichdimensionale Mannigfaltigkeiten ist diese Summe endlich, da für
der Vektorraum
der Nullvektorraum ist. Die Menge
ist eine Algebra mit dem äußeren Produkt als Multiplikation und somit auch wieder ein Vektorraum. Aus topologischer Sicht ist dieser Raum auch eine Garbe.
Man kann
als Element der äußeren Potenz
auffassen; infolgedessen definiert das äußere Produkt (d. h. das Produkt
in der äußeren Algebra) Abbildungen

wobei
durch

punktweise definiert ist.
Dieses Produkt ist graduiert-kommutativ, es gilt

dabei bezeichnet
den Grad von
d. h.: Ist
eine
-Form, so ist
. Demnach ist das Produkt zweier Formen ungeraden Grades antikommutativ und in allen anderen Kombinationen kommutativ.
Beispiele
Koordinatendarstellung
Es sei
eine
-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit. Weiter sei
ein lokales Koordinatensystem (eine Karte). Dann ist

eine Basis von
Dabei ist
das totale Differential der
-ten Koordinatenfunktion
. Das heißt,
ist diejenige Linearform auf
, die den
-ten Basisvektor der Basis
auf 1 und alle anderen auf 0 abbildet.
Jede Differentialform
hat auf jeder Karte
eine eindeutige Darstellung

mit geeigneten differenzierbaren Funktionen
Aus der Koordinatendarstellung ergibt sich, dass für
die Nullform
die einzige Differentialform ist.
Äußere Ableitung
Die äußere Ableitung ist ein Operator, der einer
-Differentialform eine
-Differentialform zuordnet. Betrachtet man sie auf der Menge der
-Differentialformen, also auf der Menge der glatten Funktionen, so entspricht die äußere Ableitung der üblichen Ableitung für Funktionen.
Definition
Die äußere Ableitung
einer
-Form
wird induktiv mithilfe der Lie-Ableitung und der Cartan-Formel

definiert; dabei ist
ein Vektorfeld,
die Lie-Ableitung und
die Einsetzung von
Ist beispielsweise
eine 1-Form, so ist
![(\mathcal L_X\omega)(Y)=\mathcal L_X(\omega(Y))-\omega (\mathcal L_X(Y))=X\omega(Y)-\omega([X,Y])](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/70e5d19a3a4697c1fbd0fd56cc72b21fee4d5bc4)
und

also
![{\displaystyle \mathrm {d} \omega (X,Y)=X\omega (Y)-Y\omega (X)-\omega ([X,Y])}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/23489c86ec22a50b42c393036dcd838753c47fdc)
für Vektorfelder
; dabei bezeichnet
die Lie-Klammer.
Die allgemeine Formel lautet
![\begin{array}{rcl} \mathrm d\omega(X_0,\ldots,X_k) &=&\sum_{i=0}^k(-1)^{i} X_i\omega(X_0,\ldots,\hat X_i,\ldots,X_k)+\\[0.5em] &&+\sum_{0\leq i<j \leq k}(-1)^{i+j} \omega([X_i,X_j],X_0,\ldots,\hat X_i,\ldots,\hat X_j,\ldots,X_k)\,; \end{array}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/4ac03313f0f6cfc0c30d75776386d2018e25f274)
dabei bedeutet das Dach
im Zeichen
, dass das entsprechende Argument wegzulassen ist.
Eigenschaften
Die äußere Ableitung hat folgende Eigenschaften:
- Die äußere Ableitung ist eine Antiderivation. Das heißt,
ist
-linear, und für
gilt die Leibnizregel

- Sei
dann stimmt die äußere Ableitung mit dem totalen Differential überein. 
- Die äußere Ableitung respektiert Einschränkungen. Es sei also
offen und
Dann gilt
Man nennt die äußere Ableitung deshalb auch einen lokalen Operator.
Diese vier Eigenschaften charakterisieren die äußere Ableitung vollständig. Das heißt, man kann aus diesen Eigenschaften die obige Summenformel herleiten. Rechnet man mit der äußeren Ableitung, so bevorzugt man das Rechnen mit den Eigenschaften der Ableitung und vermeidet die obige Formel.
Koordinatendarstellung der äußeren Ableitung
Die äußere Ableitung einer Differentialform

in Koordinatendarstellung lautet

mit den totalen Differentialen der Koeffizientenfunktionen
-
.
Um die dabei entstehenden Ausdrücke wieder durch die Standardbasis auszudrücken, sind die Identitäten

und

wichtig.
Beispiel
Für
gilt
![\begin{align} \mathrm d(a_1\cdot\mathrm dx_1+a_2\cdot\mathrm dx_2) &=\mathrm da_1\wedge\mathrm dx_1+\mathrm da_2\wedge\mathrm dx_2\\[0.5em] &=\left(\frac{\partial a_1}{\partial x_1} \mathrm dx_1 + \frac{\partial a_1}{\partial x_2} \mathrm dx_2\right) \wedge \mathrm dx_1 + \left(\frac{\partial a_2}{\partial x_1} \mathrm dx_1 + \frac{\partial a_2}{\partial x_2} \mathrm dx_2\right) \wedge \mathrm dx_2\\[0.5em] &=\frac{\partial a_1}{\partial x_1}\cdot\mathrm dx_1\wedge\mathrm dx_1 +\frac{\partial a_1}{\partial x_2}\cdot\mathrm dx_2\wedge\mathrm dx_1 +\frac{\partial a_2}{\partial x_1}\cdot\mathrm dx_1\wedge\mathrm dx_2 +\frac{\partial a_2}{\partial x_2}\cdot\mathrm dx_2\wedge\mathrm dx_2\\[0.5em] &=\left(\frac{\partial a_2}{\partial x_1}-\frac{\partial a_1}{\partial x_2}\right)\cdot\mathrm dx_1\wedge\mathrm dx_2. \end{align}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/04d6cb8b377aad410081e447e865d9f732ae8c66)
Allgemein gilt für die äußere Ableitung einer 1-Form

Für
bilden also die Koeffizienten der äußeren Ableitung einer 1-Form die Rotation des aus den Koeffizienten der 1-Form gebildeten Vektors.
Weitere Operationen auf Differentialformen
Inneres Produkt
Sei
ein glattes Vektorfeld. Das innere Produkt ist eine lineare Abbildung

die durch

gegeben ist. Das heißt, das innere Produkt bildet eine
-Form
auf eine
-Form ab, indem die Form an einem festen Vektorfeld
ausgewertet wird. Diese Abbildung ist ein Analogon der Tensorverjüngung auf dem Raum der Differentialformen. Deshalb wird diese Operation im Englischen auch manchmal „contraction“ genannt.
Das innere Produkt
ist eine Antiderivation. Das heißt, für
und
gilt die Leibnizregel

Außerdem gilt für das innere Produkt
Rücktransport (Pullback) von Differentialformen
Schema eines Pull-Back,

ist das Kotangentialbündel der Mannigfaltigkeit

und entsprechend für
Ist
eine glatte Abbildung zwischen differenzierbaren Mannigfaltigkeiten, so ist für
die mittels
zurückgeholte Form
wie folgt definiert:

Dabei ist
die durch
induzierte Abbildung der Ableitungen, auch „push-forward“ genannt. Das Zurückziehen ist mit der äußeren Ableitung und dem äußeren Produkt verträglich:

- (ausführlicher geschrieben: auf der linken Seite
, auf der rechten Seite dagegen
) und

- für alle
Insbesondere induziert
eine Abbildung zwischen den De-Rham-Kohomologie-Gruppen (siehe unten)

wobei die Umkehr der Pfeilrichtung gegenüber
zu beachten ist („pull-back“, „Kohomologie“ statt „Homologie“).
Duale Form und Stern-Operator
Betrachtet werden äußere Formen in einem
-dimensionalen Raum, in dem ein inneres Produkt (Metrik) definiert ist, sodass eine orthonormale Basis
des Raumes gebildet werden kann. Die zu einer äußeren Form von Grad
in diesem
-dimensionalen Raum duale Form ist eine
-Form

Dabei seien beide Seiten in orientierter Form geschrieben. Formal wird die duale Form durch Anwendung des (Hodge-)
-Operators bezeichnet. Speziell für Differentialformen im dreidimensionalen euklidischen Raum ergibt sich:



mit den 1-Formen
. Dabei wurde berücksichtigt, dass die orientierte Reihenfolge hier
und
ist (zyklische Vertauschungen in
).
Das
-Symbol soll die Tatsache unterstreichen, dass damit ein inneres Produkt im Raum der Formen auf einem zugrundeliegenden Raum
gegeben ist, denn
lässt sich für zwei
-Formen
und
als Volumenform schreiben und das Integral

liefert eine reelle Zahl. Der Zusatz dual zeigt an, dass die zweifache Anwendung auf eine
-Form wieder die
-Form ergibt – bis auf das Vorzeichen, das gesondert betrachtet werden muss. Genauer gilt für eine
-Form in einem
-dimensionalen Raum, dessen Metrik die Signatur
hat (
im euklidischen Raum,
im Minkowski-Raum):

Oben wurde gezeigt, wie sich im 3-dimensionalen euklidischen Raum bei äußerer Ableitung einer 1-Form
die 2-Form
ergibt mit den Komponenten des Rotations-Vektors der Vektoranalysis als Koeffizienten. Diese 2-Form kann man mit Hilfe des
-Operators nun auch formal direkt als 1-Form (rot-Vektor) schreiben:
. Analog wird der
-Operator zur „Übersetzung“ des oben formulierten Satzes von Stokes in die Vektoranalysis-Form benutzt.
De-Rham-Kohomologie
Aus der graduierten Algebra
kann zusammen mit der äußeren Ableitung ein Kokettenkomplex konstruiert werden. Aus diesem wird dann mit den üblichen Methoden der homologischen Algebra eine Kohomologie definiert. Georges de Rham konnte zeigen, dass diese nach ihm benannte Kohomologietheorie mit der singulären Kohomologie übereinstimmt. Um die De-Rham-Kohomologie zu definieren, werden zuerst die Begriffe der exakten und der geschlossenen Differentialform definiert:
Exakte und geschlossene Formen
Eine
-Form
heißt geschlossen, wenn
gilt; sie heißt exakt, wenn es eine
-Form
gibt, sodass
gilt. Aufgrund der Formel
ist jede exakte Form geschlossen. Man beachte, dass Geschlossenheit im Gegensatz zu Exaktheit eine lokale Eigenschaft ist: Ist
eine offene Überdeckung von
so ist eine
-Form
genau dann geschlossen, wenn die Einschränkung von
auf
für jedes
geschlossen ist.
Die De-Rham-Kohomologiegruppen
Der Faktorraum
- (Menge aller geschlossenen
-Formen auf
)
(Menge aller exakten
-Formen auf
)
heißt
-te De-Rham-Kohomologiegruppe
Sie enthält Informationen über die globale topologische Struktur von
Das Lemma von Poincaré
Das Lemma von Poincaré besagt, dass
gilt für
und Sterngebiete
. Allgemeiner gilt die Aussage dieses Lemmas für zusammenziehbare offene Teilmengen
des
Der Beweis ist konstruktiv, d. h., es werden explizite Beispiele konstruiert, was für Anwendungen sehr wichtig ist. Man beachte, dass
aus den lokal konstanten Funktionen besteht, da es per definitionem keine exakten 0-Formen gibt. Es ist also
für jedes
Ist
geschlossen und
exakt, so folgt

Entsprechendes gilt, falls
exakt und
geschlossen ist. Damit gibt es induzierte Abbildungen

Ein Beispiel aus der Elektrodynamik
In der Elektrodynamik impliziert das Lemma von Poincaré, dass zu jedem Paar
elektromagnetischer Felder, die zu einer zweistufigen alternierenden Differentialform
in einem vierdimensionalen Minkowskiraum zusammengefasst werden können, eine einstufige Vektorpotentialform
mit
existiert, ein sogenanntes „Viererpotential“, siehe auch Vierervektor. Auch Strom- und Ladungsdichten können zu einem Vierervektor bzw. zu einer entsprechenden 3-Form
zusammengefasst werden.
Die relativistischen Maxwell-Gleichungen der Elektrodynamik auf einer vierdimensionalen Raum-Zeit-Mannigfaltigkeit
(mit Metrik
und Determinante der Metrik
, wobei hier natürlich die Signatur eines Minkowski-Raumes vorliegt, etwa
für
entsprechend der Definition des Linienelements
) lauten beispielsweise unter Verwendung dieser Symbolik:

(die sogenannte Bianchi-Identität) und

mit dem elektromagnetischen Feldtensor ausgedrückt als 2-Form

z. B.
mit der
-Komponente des Vektors der magnetischen Induktion und mit dem Strom (geschrieben als 3-Form)

Hierbei ist
das Antisymmetrisierungssymbol (Levi-Civita-Symbol), und das Semikolon steht für die kovariante Ableitung. Wie üblich wird über doppelt vorkommende Indizes summiert (Einsteinsche Summenkonvention) und es werden natürliche Einheiten verwendet (Lichtgeschwindigkeit
ersetzt durch
). Durch Anwendung des
-Operators kann man den zweiten Satz der vier Maxwellgleichungen auch alternativ mit einer 1-Form für den Strom schreiben. Aus den Maxwellgleichungen sieht man, dass
und
in der Elektrodynamik ganz unterschiedlichen Gleichungen gehorchen, die Dualität also keine Symmetrie dieser Theorie ist. Das liegt daran, dass die Dualität elektrische und magnetische Felder vertauscht, in der Elektrodynamik aber keine magnetischen Monopole bekannt sind. Die freien Maxwellgleichungen, die sich für
ergeben, haben dagegen duale Symmetrie.
Die Potentialform
ist nur bis auf einen additiven Zusatz
eindeutig:
und
ergeben dasselbe
mit einer Eichform
, die
erfüllt, aber ansonsten willkürlich ist. Man kann diese zusätzliche sogenannte Eichfreiheit benutzen, um punktweise zusätzliche Nebenbedingungen zu erfüllen. In der Elektrodynamik fordert man beispielsweise, dass für
überall die zusätzliche sogenannte Lorenz-Bedingung (Lorenz-Eichung)
gelten soll, in den vier Komponenten lautet diese Bedingung einfach
. Durch diese „Eichfixierung“ ergibt sich schließlich als eindeutige Lösung aller vier Maxwell-Gleichungen das sogenannte „retardierte Potential“:

Beim Übergang zum Dualen ist zu beachten, dass man es nicht mit dem
sondern mit
zu tun hat, der eine andere Metrik, nämlich die Minkowski-Metrik, trägt. Das bei Lorentztransformationen invariante Linienelement ist
wobei
das Differential der Eigenzeit ist und die Summenkonvention verwendet wurde. Ko- und kontravariante Vierervektorkomponenten unterscheiden sich nun. Zwar ist
aber
und
Integrationstheorie
Orientierung
Ist
so heißt eine
-Form auf
die in keinem Punkt verschwindet, eine Orientierung auf
zusammen mit einer derartigen Form heißt orientiert. Eine Orientierung
definiert Orientierungen der Tangential- und Kotangentialräume: Eine Basis
des Kotangentialraums in einem Punkt
sei positiv orientiert, wenn

mit einer positiven Zahl
gilt. Eine Basis
des Tangentialraums in einem Punkt
sei positiv orientiert, wenn

gilt.
Zwei Orientierungen heißen äquivalent, wenn sie sich nur um einen überall positiven Faktor unterscheiden; diese Bedingung ist äquivalent dazu, dass sie auf jedem Tangential- oder Kotangentialraum dieselbe Orientierung definieren.
Ist
zusammenhängend, so gibt es entweder gar keine oder genau zwei Äquivalenzklassen.
heißt orientierbar, wenn eine Orientierung von
existiert.
Integration von Differentialformen
Es sei wieder
und wir nehmen an, auf
sei eine Orientierung gewählt. Dann gibt es ein kanonisches Integral

für
-Formen
Ist
eine offene Teilmenge des
, sind
die Standardkoordinatenfunktionen im
und ist

so gilt:

Das Integral auf der rechten Seite ist das gewöhnliche Lebesgue-Integral im
Ist
eine
-dimensionale orientierte Mannigfaltigkeit,
offen und
eine Karte, so definiert man

als Integral der
-Form
über ein Kartengebiet
. Die Differentialform
wird also mit der Parametrisierung
von
auf die offene Teilmenge
zurückgeholt und dann nach obiger Definition integriert. Aus dem Transformationssatz folgt, dass diese Definition invariant gegenüber Koordinatenwechsel ist.
Ist allgemeiner
eine messbare Teilmenge von
, so definiert man

mit der charakteristischen Funktion
, d. h.,
wird außerhalb von
null gesetzt.
Zur Definition des Integrals über ganz
kann eine Zerlegung

in abzählbar viele paarweise disjunkte messbare Teilmengen
gewählt werden, sodass jedes
ganz in einem Kartengebiet
enthalten ist. Damit setzt man
-
.
Für Integrale von Differentialformen gilt der folgende Transformationssatz: Ist
ein orientierungserhaltender Diffeomorphismus, dann gilt für

mit der auf
zurückgeholten Form
.
Satz von Stokes
Ist
eine kompakte orientierte
-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit mit Rand
und versieht man
mit der induzierten Orientierung, so gilt für jede
-Form

Dieser Satz ist eine weitreichende Verallgemeinerung des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung. Er enthält als Spezialfälle den gaußschen Integralsatz und den klassischen Integralsatz von Stokes.
Ist
geschlossen, das heißt, gilt
so folgt für jede exakte
-Form
d. h. für
die Beziehung

Zur Verdeutlichung der genannten Eigenschaft von
benutzt man oft die Formulierung mit einem Kreis-Integral:

Das Integral liefert eine Abbildung

Ist
zusammenhängend, so ist diese Abbildung ein Isomorphismus. Man kommt damit zur De-Rham-Kohomologie zurück (s. o.).
Rechenbeispiele
Auf
mit den kartesischen Koordinaten
seien die 1-Form

und die 2-Form

gegeben.
Für das äußere Produkt gilt:

Die äußere Ableitung von
ergibt
-
,
also
. Insbesondere ist
exakt und folglich geschlossen, d. h.
. Das lässt sich auch durch direkte Rechnung überprüfen:
.
Sei weiter
gegeben durch
, dann folgt mit
,
,
und
,
,
für die auf
zurückgeholte Form:

Für das Integral von
über die durch
gegebene Kurve
im
ergibt sich somit
-
.
Ist
die Einheitssphäre im
, so ist
der Rand der Einheitskugel
, also
. Nach dem Satz von Stokes gilt also wegen
-
.
Die 3-Form
kann beispielsweise über den Einheitswürfel
integriert werden. Ihr Integral stimmt mit dem Lebesgue-Integral der Koeffizientenfunktion
überein:
-
.
Komplexe Differentialformen
In der Theorie der komplexen Differentialformen wird der hier eingeführte Kalkül auf komplexe Mannigfaltigkeiten übertragen. Dies funktioniert größtenteils analog zur Definition der hier beschriebenen Formen. Jedoch werden hier analog zu den komplexen Zahlen die Räume der komplexen Differentialformen in zwei Räume (reeller) Differentialformen

zerlegt. Der Raum
heißt dann der Raum der
-Formen. Auf diesen Räumen kann man analog zur äußeren Ableitung zwei neue Ableitungen definieren. Diese werden Dolbeault- und Dolbeault-Quer-Operator genannt, und analog zur De-Rham-Kohomologie kann man mit Hilfe des Dolbeault-Quer-Operators wieder eine Kohomologie bilden. Diese heißt Dolbeault-Kohomologie.
Siehe auch
Vektorwertige Differentialformen
Literatur
- Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis III. 2. Auflage. Birkhäuser, Basel 2008, ISBN 978-3-7643-8883-6, Kapitel XI und XII.
- Henri Cartan: Differentialformen. Bibliographisches Institut, Mannheim 1974, ISBN 3-411-01443-1.
- Klaus Jänich: Vektoranalysis. 5. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2005, ISBN 978-3-540-27338-7.
- Shigeyuki Morita: Geometry of differential forms. American Mathematical Society 2001, ISBN 0821810456.
- Harley Flanders: Differential forms with applications to the physical sciences. Academic Press, 1963.
- Harold Edwards: Advanced Calculus – a differential forms approach. Birkhäuser, 1994 (zuerst 1969).
- Steven H. Weintraub: Differential Forms – a complement to vector calculus. Academic Press, 1997.
Weblinks