Beizeichen

Beizeichen (Bruch, franz. Brisure) sind Zeichen in den Wappen, welche zur Unterscheidung abgeteilter Linien oder zur Kennzeichnung jüngerer Geburt und unechter Abkunft (Letzteres nur bei westlichen Nationen) dienen.

Grundlagen

In Westeuropa wurden Beizeichen häufiger verwendet als in Mitteleuropa.[1]

In England und Frankreich unterscheiden sich die Wappen in den Familien durch die Brisuren. Es sind der Turnierkragen, Schrägfäden oder Borde. Sie zeigen die Zugehörigkeit in Art und Stellung zum Familienzweig. In England ist die Belegung des Turnierkragens mit gemeinen Figuren zur weiteren Unterscheidung/Wappenbesserung verbreitet. Für die Differenzierung der einzelnen Familienlinien werden kleine gleichartige Figuren (Herzen, Rauten, kleine Schragen) im Schild platziert. Sie werden in diesem Fall als Beizeichen gewertet.[2]

Das Charakteristische des Beizeichens ist, dass der Wegfall desselben das Wappen nicht ändert, sondern vielmehr die ursprüngliche Gestalt wiederherstellt. Tritt die betreffende Figur selbständig auf (wie z. B. nicht selten der Turnierkragen), so ist sie kein Beizeichen, sondern Hauptbild. Man hat auch sphragistische Beizeichen, welche den Zweck haben, zwei dem Bild und der Größe nach ähnliche Siegeltypen durch ein in die Augen fallendes Merkmal unterscheiden zu können.

Nationales

Deutschland

In Deutschland wurden die Beizeichen in sehr vielfältiger Art geschaffen, z. B. durch Verminderung des Helmkleinodes oder der Tinktur, durch Vermehrung, Verminderung oder Stümmelung der Figuren. Die wichtigsten figürlichen Beizeichen, die als solche auch in Deutschland vorkommen, sind z. B.:

Ecu d'argent à un lambel à cinq pendants de gueules.svg
Turnierkragen Erster Sohn Der Turnierkragen wird auch als Bank, Steg, Rechen oder Brücke bezeichnet. Generell wird er verwendet, wenn der älteste Sohn sein Wappen von dem seines Vaters differenzieren will (Wappenbrecher).
Ecu d'argent au croissant de gueules.svg
liegender Mond Zweiter Sohn
Blason Ville 73 Aix-les-Bains.svg
Stern Dritter Sohn Der fünfzackige Stern war ursprünglich ein Spornrädchen und wird in Frankreich oft mit sechs Zacken dargestellt.
Blason ville fr Sarcelles (Val-d'Oise).svg
Merlette Vierter Sohn Die Merlette ist ein heraldisch gestutzter kleiner, entenartiger Vogel ohne Schnabel und Füße.
Wappen Meissenheim.svg
Ring-Annulet Fünfter Sohn
Blason Condé-sur-Noireau.svg
Lilie (Fleur-de-lis) Sechster Sohn
Ledenice CZ CoA.svg
Rose Siebter Sohn
Blason Annoeullin 59.svg
Kreuz Achter Sohn

Für weibliche Nachkommen gibt es in der deutschen Heraldik keine Beizeichen.[2]

Großbritannien

Britische Königsfamilie

Beizeichen des kanadischen Systems
Arms of the United Kingdom.svg
Arms of the Prince of Wales.svg
Arms of William, Duke of Cambridge.svg
Arms of Harry, Duke of Sussex.svg
Arms of Andrew, Duke of York.svg
Arms of Beatrice of York.svg
Wappen der
Königin
Wappen des
Prince of Wales
Prince William Wappen Prince Harry
Wappen
Duke of York Wappen Princess Beatrice Wappen
Arms of Eugenie of York.svg
Arms of Edward, Earl of Wessex.svg
Arms of Anne, the Princess Royal.svg
Arms of Richard, Duke of Gloucester.svg
Arms of Edward, Duke of Kent.svg
Arms of Michael of Kent.svg
Princess Eugenie Wappen Earl of Wessex Wappen Princess Royal Wappen Duke of Gloucester Wappen Duke of Kent Wappen Prince Michael Wappen

Frankreich

Französische Königsfamilie

Die Fleur-de-Lys geviert mit Kragen gebordet mit Bruch
France moderne.svg
Arms of the Dauphin of France.svg
Blason duche fr Orleans (moderne).svg
Blason duche fr Anjou (moderne).svg
Blason duche fr Berry (moderne).svg
Blason pays fr Dombes.svg
Armes Bourbon-Conti.png
Blason Bourbon Vendôme.svg
Wappen des
Monarchen
Wappen des
Dauphin von Frankreich
Wappen des
Herzog von Orléans
Wappen des
Herzog von Anjou
Wappen des
Herzog von Berry
Wappen des
Fürst von Condé
Wappen des
Fürst von Conti
Wappen des
Herzog von Vendôme[3]

Bulgarien

Der Fürst von Bulgarien führte als Sohn des Prinzen Alexander von Hessen aus nicht ebenbürtiger Ehe den hessischen Löwen mit dem Turnierkragen als Beizeichen.

Italien

Haus Savoyen

Arms of the House of Savoy.svg
Arms of the Prince of Piedmont.svg
Arms of the House of Savoy-Genova.svg
Arms of the House of Savoy-Aosta.svg
Armoiries Comte de Soissons Savoie-Carignan.svg
Wappen des
Monarchen
Wappen des
Fürst von Piemont
Wappen des
Herzog von Genua
Wappen des
Herzog von Aosta
Wappen des
Fürst von Carignan[4][5]

Portugal

Portugiesische Königsfamilie

Armas rei portugal.png
Armas principe beira.png
Armas principe real portugal.png
Armas primeiro infante portugal.png
Armas segundo infante portugal.png
Armas terceiro infante portugal.png
Wappen des
Monarchen
Wappen des
Fürsten von Beira
(Ältester Sohn des Thronfolgers)
Wappen des
Kronprinzen
Wappen des
Ersten Infanten
Wappen des
Zweiten Infanten
Wappen des
Dritten Infanten

Spanien

Die genealogischen Beizeichen:[6]

Turnierkragen Mond Stern Merlette Ring Lilie
Modern French shield.svg
Lambel.svg
Croissant d or.svg
Étoile d'or.svg
Héraldique meuble Merlette.svg
Annulet - ring.svg
Fleur de lys (or).svg
Erster Sohn Zweiter Sohn Dritter Sohn Vierter Sohn Fünfter Sohn Sechster Sohn Siebter Sohn

Spanische Königsfamilie

Coat of Arms of Spanish Monarch.svg
Coat of Arms of Leonor, Princess of Asturias.svg
Wappen des Monarchen Wappen des Fürsten von Asturien

Siehe auch

Literatur

  • Meyers Konversationslexikon. 4. Auflage. Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig / Wien, 1885–1892
  • Beizeichen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 2, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 631.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl.: Konrad Fuchs, Heribert Raab: dtv-Wörterbuch zur Geschichte. Band 1: A–K (= dtv 3283). 6. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1987, ISBN 3-423-03283-9, S. 83.
  2. a b Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung. Georg D. W. Callway, München 1976, ISBN 3-7667-0335-8.
  3. Ottfried Neubecker, Roger Harmignies: Le Grand livre de l’héraldique. L’histoire, l’art et la science du blason. Bordas, Paris 1981, ISBN 2-04-012582-5.
  4. Heraldique Europeenne (Memento des Originals vom 22. Februar 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Accessed 18. April 2009.
  5. Jiří Louda, Michael Maclagan: Les Dynasties d’Europe. Héraldique et Généalogie des Familles Impériales et Royales. Nouvelle édition. Bordas, Paris 1993, ISBN 2-04-027013-2, S. 242–243.
  6. José de Avilés, Marqués de Avilés: Ciencia heroyca, reducida a las leyes heráldicas del blasón. Band 2. J. Ibarra, Madrid 1780, S. 234–242 (Edición facsimilar: Bitácora, San Fernando de Henares 1992, ISBN 84-465-0006-X).